Fassadenbau XXL: Gartner hat den Bogen raus

Auf der glass technology live in Düsseldorf präsentiert Fassadenbauer Gartner gebogene Glasfassaden der Elbphilharmonie. Mit ihnen hat der Fassadenbauer die Außenhaut der Hamburger Architekturikone in eine lebendige Fassade mit speziellen Lichteffekten verwandelt. Solche Fassaden erweitern die Ausdrucksmöglichkeiten in der Architektur. Nächstes Beispiel für gebogenen Fassaden ist das 462 m hohe Lakhta Center in St. Petersburg.

Der Trend zu gebogenen Glasfassaden erfordert spezielles Know-how von Glasbiegern und Fassadenbauern, denn die Gläser müssen gebogen werden und gleichzeitig hohe bauphysikalische Eigenschaften wie Wärme- und Sonnenschutz erfüllen. Jede Biegung erzeugt zudem Spannungen, die schwierig zu berechnen und zu handhaben sind. Im eingebauten Zustand müssen Fassadenelemente auch hohen Windlasten und anderen Belastungen standhalten. Um solche Anforderungen zu erfüllen, sind für jedes Objekt mit gebogenen Fassaden umfangreiche Versuchsreihen nötig, da es sich nicht um standardisierte Bauteile handelt.

Jede Scheibe ein Unikat

Bei der thermischen Biegung der Gläser der Elbphilharmonie wurden diese  zunächst im planen Zustand zum Wärme- und Sonnenschutz beschichtet und bedruckt. Erst danach konnten multifunktionale Isoliergläser einzeln bei Temperaturen zwischen 500 und 600 Grad Celsius exakt nach Planvorgabe gebogen werden. Von den 2.200 Scheiben der Elbphilharmonie wurden etwa 500 Stück sphärisch gebogen mit einem Versatzmaß von 350 mm nach innen bzw. außen. Es handelt sich um die ersten multifunktionalen Isoliergläser mit einer Wölbung entlang nur einer Glaskante. Jede Scheibe, die bis zu 5 m breit und 3 m hoch ist, ist zudemein Unikat mit unterschiedlichen Bedruckungen.

Aktuell hat Gartner den 88 m hohen Soho Tower in New York von Renzo Piano an den Gebäudeecken mit warm gebogenen Isoliergläsern in einem Radius von bis zu einem Meter und einer Höhe von bis zu fünf Metern eingekleidet, der so besonders transparent erscheint. Diese thermische Biegung ermöglicht einen hohen Biegungsgrad, gleichzeitig sind Festigkeit und Spannung zu kontrollieren.

Der feine Unterschied

Im Unterschied zu thermisch gebogenen Gläsern werden bei einer Kaltbiegung die planen und möglicherweise individuell beschichteten beziehungsweise bedruckten Gläser vom Fassadenbauer beim Einbau in das Element gebogen. So entstehen homogen gekrümmte Scheiben ohne Unebenheiten und ohne Einschränkung bei Beschichtung und Bedruckung. Der Biegungsgrad ist allerdings geringer. Entscheidend ist die mechanische Halterung der Scheibe. Beim 462 m hohen Lakhta Center in St. Petersburg, dem höchsten Wolkenkratzer Europas, sind die 2,8 mal 4,2 m großen Elemente an einer Ecke im Rahmen um 40 mm gebogen und ermöglichen eine gleichmäßige Drehung des Turms. Die neue Apple-Zentrale im kalifornischen Cupertino hat Gartner mit 3 mal 15 m großen laminationsgebogenen Scheiben verkleidet. Über automatisierte Lüftungslamellen an den oberen Kanten der Elemente wird das Gebäude natürlich belüftet. Aktuell verkleidet Gartner „The Circle“ am Flughafen Zürich mit der weltweit ersten Closed Cavity Fassade mit kalt verformten Prallscheiben.