Friedensbotschaft
Alfred-Habermann-Gedächtnis-Preis 2018
Von Josef Moos
In Erinnerung an den 2008 verstorbenen großen Kunstschmied und »Schmiedepapst« Alfred Habermann vergibt der Internationale Fachverband Gestaltender Schmiede e.V. (IFGS) in unregelmäßigen Abständen einen Preis, der vom jeweiligen vorhergehenden Preisträger individuell gestaltet wird. Die öffentliche Überreichung des Preises war einer der Höhepunkte der Biennale der Schmiede 2018 in Kolbermoor.
Die bisherigen Preisträger Heinz Dening (2008), Havard Bergland (2011) und Johannes Angele (2012) haben sich ganz im Sinne von Alfred Habermann um die Verständigung und den internationalen Austausch zwischen den Schmieden verdient gemacht. Mit dem Preisträger von 2014, Tobbe Malm, ist ein weiterer wichtiger Aspekt in den Vordergrund gerückt: die Schmiede und ihre Werke als Botschafter des Friedens. Mit seinem Friedensprojekt »Rosen für Oslo« erinnert er an das schreckliche Attentat eines Verwirrten auf der Insel Utoya 2011 mit 77 Toten. Über 900 geschmiedete Rosen sind Mahnmale für diese Untat.
Niemals vergessen
In der Tradition von Erinnerungskultur steht auch der Preis 2018, übergeben von Tobbe Malm an die beiden Kunstschmiede Luc Vandecasteele, Belgien, und Terence Clark, Großbritannien. Die Vorgeschichte für deren jetzt prämiertes Werk reicht zurück in das Jahr 2009. Luc Vandecasteele beschäftigte sich intensiv mit der schrecklichen Geschichte seiner Heimat, der Region Ypern. Ein Denkmal sollte die Erinnerung wachhalten, denn hier hatte der Erste Weltkrieg schlimm gewütet. Stadt und Umland waren besonders im Jahr 1916 zum Massengrab für britische, französische, belgische und deutsche Soldaten geworden. Luc gewann in Terence Clark einen begeisterten Unterstützer seiner Idee.
Die Form des Mahnmals, eine Stele, von Blumen umgeben, ist weder zufällig noch beliebig. Terence Clark hatte bei einem Besuch des vormaligen Schlachtfeldes eine bewegende Vision: die Hand eines gefallenen Soldaten ragt förmlich aus der Erde und mahnt zum Frieden. Diese Vision findet sich in der Gestalt des Mahnmals wieder, einer aus dem Boden wachsenden Stele aus Breitflachstahl mit einer einzigen herausgearbeiteten Blume an einer Kante. Die Ausmaße, sieben Meter Höhe und ein Gewicht von zwölf Tonnen, sind dem Schrecken eines Krieges angemessen. Die vielen Hundert geschmiedeten Mohnblumen, drapiert um die Stele, erinnern an die roten Mohnblumen, die schon unmittelbar nach Kriegsende 1919 die Schlachtfelder, das blutgetränkte Land, überdeckten.
Ein weiteres Symbol für das internationale Gedenken ist der Zaun um das Mahnmal. Seine 24 Felder wurden auf dem Stadtplatz in Ypern von Schmieden aus den ehemals kriegführenden Ländern geschmiedet, sogar aus China kamen drei Schmiede. Jedes Zaunelement soll szenisch die Leiden und den Tod, die Hoffnungen und die Wünsche der Soldaten darstellen, die 1916 auf den Feldern um die Stadt für die Kriegsziele ihrer Herrscher kämpften und starben.
Der Alfred-Habermann-Gedächtnispreis ehrt aber nicht nur die beiden Kunstschmiede und ihr Werk, er ist auch eine Anerkennung, dass sie die bei der Umsetzung ihrer Idee auftretenden Schwierigkeiten meisterten, Sponsoren fanden und die Realisierung international aufstellten. Die Stahlrohlinge für die Mohnblumen wurden in zahlreiche Länder verschickt, dort von Kindern auf Schmiedeworkshops zu Mohnblumen geformt und dann Anfang September 2016 in Ypern, mitten in der Stadt, fertiggestellt, einige auch zu einem Mohnblumenkranz verbunden. Es war das bisher größte Schmiedeevent in Europa. Schmiede aus 17 Ländern an 30 Essen in zwei großen Zelten fertigten in einer Woche die Zaunfelder.
Vorbildliches Projekt
Die Idee von Luc Vandecasteele und Terence Clark hatte zwischenzeitlich so enorme Ausmaße angenommen und Schmiede in vielen Ländern begeistert, dass wesentlich mehr Entwürfe eingingen, als realisierbar waren, und es Schmieden zur Ehre gereichte, sich daran beteiligen zu dürfen. Diese Wendung vom Projekt mit ungesicherter Finanzierung hin zu einem von breiter Unterstützung begleiteten Abschluss ist primär der Hartnäckigkeit der beiden Initiatoren zu danken. Zu keinem Zeitpunkt ließen sie sich von ihrer Idee abbringen, einer in Eisenblumen umgesetzten Friedensbotschaft.
Tobbe Malm, letzter Preisträger, gestaltete und fertigte – die gute Tradition fortsetzend – den diesjährigen Preis, wählte bewusst einen Globus als zentrales Element der Skulptur und platzierte darauf einen Hammer als Friedenssymbol. Das mag weit hergeholt erscheinen, der auf der Erde abgelegte Hammer kann aber für die Ruhe und Einkehr stehen, die notwendig ist, um sich der Aberwitzigkeit eines jeden Krieges bewusst zu werden. Die Welt ist nach Ypern nicht friedlicher geworden, es braucht einfach mehr Menschen wie Luc Vandecasteele und Terence Clark und ihre vielen Helfer – und die Kinder, die sich hier für eine friedliche Sache engagiert haben, dann wird sich irgendwann die Einsicht durchsetzen, dass Konflikte nur im friedlichen Austausch und nie durch Kriege gelöst werden können.

