Gemeinsames Positionspapier von DVS und LVM zu Schweißerprüfungen

Über Inhalte und die Durchführung von Schweißerprüfungen nach ISO 9606 bestehen in den Betrieben der Metallbauer und Metallverarbeiter nach wie vor gewisse Unsicherheiten. In metall-markt.net haben wir darüber berichtet, dass Schweißerprüfungen nach ISO 9606 auch von den Betrieben selbst abgenommen werden dürfen. Dies bestätigen DVS – Deutscher Verband für Schweißen und verwandte Verfahren e.V. und der Landesverband Metall Niedersachsen/Bremen (LVM) jetzt noch einmal ausdrücklich in einem gemeinsamen Positionspapier, nennen aber auch Umstände, unter denen es sinnvoll sein kann, eine externe Stelle mit der Schweißerprüfung zu beauftragen. Das Positionspapier soll Metallbauern und -verarbeitern die nötige Sicherheit vermitteln, um von Fall zu Fall die für ihren Betrieb optimale Entscheidung in dieser Frage treffen zu können.

 

Positionspapier des DVS – Deutscher Verband für Schweißen und verwandte Verfahren e.V. und des Landesverbandes Metall Niedersachsen/Bremen (LVM)

Schweißerprüfungen sichern nachweislich und vergleichbar die Güte von Schweißarbeiten. Sie bestätigen sowohl die Handfertigkeit als auch fachkundliche Kenntnisse des Schweißers und sind ein Nachweis dafür, dass ein Schweißer die Fähigkeit besitzt, Schweißnähte fachgerecht auf Basis mündlicher und/oder schriftlicher Anweisungen auszuführen.

Vorschriften und Regeln

Der gültige Standard für die Abnahme von Schweißerprüfungen ist durch die Normenreihe DIN EN ISO 9606ff „Prüfung von Schweißern - Schmelzschweißen“ geregelt. Diese ist für die praktische und fachkundliche Prüfung von Handschweißern in den Prozessen Gas-, Lichtbogenhand-, MIG/MAG- und WIG-Schweißen an Bauteilen aus Stahl, Aluminium, Kupfer, Nickel und Titan maßgeblich. Darüber hinaus ist der Einsatz von geprüften Schweißern zum Beispiel in der für das Metallhandwerk wichtigen Ausführungsnorm DIN EN 1090 „Ausführung von Stahl- und Aluminiumtragwerken“ vorgeschrieben.

Wie diese Prüfungen durchgeführt werden müssen, ist in der genannten Schweißerprüfungsnorm ebenfalls geregelt, und die Begriffe „Prüfer“ und „Prüfstelle“ werden definiert:

+ Prüfer sind demnach „Personen, die benannt werden, um die Übereinstimmung mit der anzuwendenden Norm zu prüfen“.

+ „Prüfstellen sind Organisationen, die benannt werden, um die Übereinstimmung mit der anzuwendenden Norm zu prüfen.“

Weiter eingeschränkt werden die Begriffe „Prüfer“ und „Prüfstellen“ jedoch nicht. Das heißt, jeder Hersteller von Bauprodukten kann selbst bestimmen, wer benannte Prüfstelle und wer benannter Prüfer ist. Mit der Benennung wird die Verantwortung für die fachliche Kompetenz als Prüfer/Prüfstelle übernommen. So ist es möglich, dass der Hersteller selbst die Prüfstelle und seine Schweißaufsichtsperson (SAP) der Prüfer sein kann.

Für besonders sicherheitsrelevante Schweißarbeiten, zum Beispiel an Druckgeräten, werden andere Nachweise gefordert. In der Druckgeräterichtlinie (DGRL) wird festgelegt, dass Prüfstellen dafür notifizierte Stellen nach DGRL sein müssen.

Intern oder extern?

Der erforderliche Geltungsbereich der Schweißerprüfungen wird letztlich durch das herzustellende Produkt vorgegeben. Leider sind Lücken zwischen vorhandenem und erforderlichem Geltungsbereich in vielen Handwerksbetrieben immer noch die Regel, weil es oftmals zu wenige Schweißerprüfungen in den Betrieben gibt. In Einzelfällen können deshalb durch die Hersteller selbst durchgeführte Schweißerprüfungen in Ergänzung zu extern erfolgten Prüfungen je nach Betriebsgröße sinnvoll sein.

Schweißerprüfungen, die durch externe, anerkannte oder akkreditierte Stellen angeboten und durchgeführt werden, bieten viele Vorteile. Allem voran sprechen die Qualität, Neutralität und Aktualität von Schulung und Prüfung in den entsprechenden Bildungseinrichtungen, aber auch Aspekte der Wirtschaftlichkeit und Personalauslastung in Betrieben für eine externe Durchführung. Außerdem wird die Akzeptanz von Schweißerprüfungen durch die externe Abnahme unterstützt.

Besonders jetzt, da sich die deutsche Wirtschaft in einer Zeit des konjunkturellen Aufwindes befindet und die Mitarbeiter in den Fertigungsstätten ausgelastet sind, hindern Prüfungen, die von Mitarbeitern der Hersteller durchgeführt werden, eher die Produktivität eines Betriebes, statt sie zu fördern. Selbst abgenommene Prüfungen im Betrieb, normgerecht durchgeführt, müssen nicht zwangsläufig preiswerter sein als externe Prüfungen.

Diesem Umstand tragen der DVS – Deutscher Verband für Schweißen und verwandte Verfahren e.V. und der Landesverband Metall Niedersachsen/Bremen (LVM) nun in diesem gemeinsamen Positionspapier Rechnung.

Fünf Eckpunkte

Um die Branche zu unterstützen und den unvermindert hohen Qualitätsanspruch in der Schweißtechnik zu sichern, haben DVS und LVM Eckpunkte formuliert, die die Durchführung von Schweißerprüfungen nach DIN EN ISO 9606ff betreffen.

1. Qualität, Neutralität und Aktualität

Anerkannte und akkreditierte Stellen wie zum Beispiel die DVS-Bildungseinrichtung „Landesfachschule Metall Niedersachsen“ in Lüneburg, die vom Landesverband Metall Niedersachsen/Bremen (LVM) betrieben wird, kennen sich mit der Durchführung von Schweißerprüfungen in allen Schweißprozessen nach gültiger EN- bzw. ISO-Norm aus und sind stets auf dem neuesten Stand. Sie statten die Prüfstellen technisch einwandfrei aus, formulieren die Schweißanweisungen und führen die Prüfung regelkonform und fachgerecht durch. Das besonders geschulte Lehrpersonal dieser Stellen gibt gezielte Hinweise zur Verbesserung der Handfertigkeit, wodurch die Qualitätsfähigkeit bei den Herstellern verbessert wird.

Nach einer bestandenen Schweißerprüfung erhält jeder Prüfungsteilnehmer das entsprechende Schweißerzeugnis mit Prüfungsbescheinigung/Zertifikat nach DIN EN ISO 9606 durch eine akkreditierte Zertifizierungsstelle.

Akkreditierte Stellen sind neutral und fachlich anerkannt. Die DVS-Bildungseinrichtungen sind als einzige in Deutschland und international durch das „International Institute of Welding (IIW)“ und die „European Federation for Welding, Joining and Cutting (EWF)“ zugelassen. So halten die Ergebnisse der Schweißerprüfungen auch externen Audits und Überprüfungen stand.

2. Wirtschaftlichkeit

Die Durchführung von Schweißerprüfungen im internen Fertigungsprozess kann den Betriebsablauf und den Workflow im Unternehmen stören. Die Abnahme der Prüfungen, das Schreiben der Schweißanweisungen, die Erstellung der fachkundlichen Prüfung, die Formalitäten sowie die Dokumentation der Prüfungen kosten Schweißaufsichtspersonen viel Zeit und den Hersteller darüber hinaus Geld. Viele Hersteller scheuen die Kosten, die externe Prüfungen verursachen. Dabei kann eine ausgelagerte Prüfung große Vorteile für den Fertigungsprozess bringen. Die Hersteller von Bauprodukten können diesen Teil der Nachweiserbringung outsourcen. Sie müssen ein Prüfungsszenario nicht in den laufenden Fertigungsprozess integrieren und können sich stattdessen auf ihr Kerngeschäft konzentrieren.

3. Personalauslastung

In Zeiten des konjunkturellen Aufschwungs ist das Personal in den Fertigungsstätten mit seiner Arbeit voll ausgelastet. Prüfungssituationen, die in den Fertigungsprozess integriert werden müssen, lenken da von den produktiven und gewinnbringenden Aufgaben ab. Werden die Prüfungen allerdings extern durchgeführt, dann können Schweißer und Schweißaufsichtspersonen sich aufs Wesentliche, nämlich auf ihre Arbeit konzentrieren.

4. Fachkräfteförderung

Damit die Qualität der schweißtechnischen Lehrgänge, des Lehrpersonals und der Ausstattung in den Bildungsstätten garantiert werden kann, werden die Bildungseinrichtungen geprüft und zertifiziert. Personalzertifizierungsstellen sorgen dafür, dass die von ihnen festgelegten Standards in allen Bildungsstätten einheitlich umgesetzt werden. So ist die Qualifizierung von Fachkräften, deren Handfertigkeiten und theoretisches Grundwissen regelmäßig geschult werden müssen, sichergestellt. Außerdem sind zum Beispiel die EWF-/IIW-Prüfungsbescheinigungen der DVS-Bildungsstätten als einzige in Deutschland international anerkannt. Die Fachkräfte, die durch sie geprüft werden, können auf dem internationalen Markt ohne Einschränkungen in ihrem Geltungsbereich eingesetzt werden.

5. Voraussetzungen für betriebsintern durchgeführte Schweißerprüfungen

Neben den Vorteilen, die eine externe Schweißerprüfung in dafür spezialisierten Bildungseinrichtungen bietet, kann auch die Eigenprüfung im Betrieb eine Option sein, um die Anforderungen im gesamten Geltungsbereich abzudecken. Die normenkonforme Vorbereitung, Durchführung und Dokumentation der Schweißerprüfungen ist die Voraussetzung dafür.

In diesem Fall kommt der Fachkenntnis und der Verantwortlichkeit der Schweißaufsichtsperson eine besonders große Bedeutung zu. Schulungen der Schweißaufsichtspersonen sind dafür zwingend erforderlich. Zu beachten sind hier insbesondere Gültigkeit und Geltungsbereich der jeweiligen Prüfungen eines Herstellers, die in der Verantwortung des Unternehmens selbst liegen.

Der nach DIN EN 1090-1 zertifizierte Betrieb bzw. die benannte Schweißaufsichtsperson hat dies im Rahmen der werkseigenen Produktionskontrolle zu prüfen und sicherzustellen.

Gemeinsame Erklärung

Aus diesen Gründen erklären der DVS – Deutscher Verband für Schweißen und verwandte Verfahren e.V. und der Landesverband Metall Niedersachsen/Bremen (LVM) gemeinsam, dass die Durchführung der Schweißerprüfungen nach DIN EN ISO 9606ff durch anerkannte und akkreditierte Stellen klare Vorteile hat. Dies kann nicht nur zur Förderung der Wirtschaftlichkeit und besseren Personalauslastung auf Seiten der Hersteller beitragen, sondern sorgt langfristig auch für die Sicherung eines weltweit anerkannten Bildungssystems für schweißtechnische Berufe.

Selbst durchgeführte Schweißerprüfungen sind in Ergänzung zu externen Prüfungen lediglich dann zu befürworten, wenn Betrieb und verantwortliche Schweißaufsichtsperson gut geschult sind, die technische Ausstattung haben und ihre Eignung nachweisen können.

Ansprechpartner im DVS: Dipl.-Ing. Martin Lehmann, Tel. +49 (0)211 1591-203, martin.lehmann@dvs-hg.de
Ansprechpartner im LVM Niedersachsen/Bremen: Dipl.-Ing. Dietmar Berndt, Tel. +49 (0)511 9098540, d.berndt@lvm.metallhandwerk.de

Link zum letzten Bericht in metall-markt.net von Stephan Stickling